Richtlinien für Cochlea-Impantat-Versorgung und Nachbetreuung
Ausgearbeitet von der Konferenz der Cochlea-Implantat Kliniken der Schweiz CICH
An den Diskussionen und Ausarbeitungen beteiligt waren:
Prof.Dr. J. Allum, Universitäts-HNO-Klinik Basel
PD Dr. N. Dillier, ORL-Klinik Universitätsspital Zürich
Dr.Dr. M. Kompis, Universitäts-HNO-Klinik Bern
PD Dr. M. Pelizzone, Clinique et Policlinique ORL, Hôpital Cantonal Universitaire Genève
Dr. A. Mathis, HNO-Klinik Kantonsspital Luzern
Als Grundlage wurde ein Entwurf der Arbeitsguppe "Cochlear Implants" der ADANO verwendet
23.10.1998
1. Einführung
1.1 Zielsetzung
Die Cochlea-Implantation hat sich von einer experimentellen Therapieform zu einem anerkannten und routinemässigen Verfahren zur Behandlung der cochleär bedingten Taubheit oder Resthörigkeit, die sich mit Hörgeräten nur ungenügend versorgen lässt, entwickelt. Die zunehmende Anwendung der Cochlea-Implantation macht Richtlinien zur Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung im Bereich der Cochlea-Implantat Versorgung notwendig.
1.2 Definition
Mit dem Cochlea-Implantat (CI) werden bei Taubheit oder Resthörigkeit, welche durch eine Funktionsstörung der Cochlea bedingt ist, mit Hilfe elektrischer Stimulation des noch funktionsfähigen Hörnervs Hörempfindungen hervorgerufen, welche nicht selten ein Sprachverstehen ermöglichen.
1.3 Technische Realisierung
Heutige CI-Systeme bestehen aus einem implantierten und einem extern am Körper getragenen Teil. Die implantierten Teile umfassen die Stimulationselektroden sowie meist zusätzlich noch eine Empfänger/Stimulator Elektronik. Die externen Teile umfassen ein Mikrofon, einen Sprachprozessor, sowie eine Sendespule oder einen Verbindungsstecker für die Signal- und Energieübertragung zum Implantat.
Über das Mikrofon aufgenommene Schallwellen werden im Sprachprozessor aufgearbeitet und drahtlos transkutan an den implantierten Empfänger/Stimulator weitergeleitet. Alternativ ist eine Signalübertragung über eine Steckerverbindung (perkutan) möglich. Über die implantierten Elektroden wird eine definierte Reizung unterschiedlicher Hörnervenabschnitte bewirkt.
Im Sprachprozessor werden die akustischen Signale digital und/oder analog verarbeitet, sodass die für die auditive Wahrnehmung und das Sprachverständnis relevante Information für den Cochlea-Implantat-Träger nutzbar wird.
Zur Zeit wird das Mikrofon meist ähnlich einer konventionellen HdO-Hörhilfe hinter der Ohrmuschel getragen. Der Sprachprozessor befindet sich entweder im gleichen HdO-Gehäuse oder in einem separaten, durch ein Kabel mit dem Mikrofon verbundenen Taschengerät, welches am Körper getragen wird. Die Sendespule oder die Verbindungsstecker befinden sich hinter dem Ohr, unmittelbar über dem entsprechenden Teil des Implantats. Empfänger und Stimulator sind hinter dem Ohr unter der Haut in einem ausgefrästem Knochenbett implantiert. Die Elektroden liegen in der Regel intracochleär.
1.4 Operatives Vorgehen
Das operative Vorgehen ist heute weitgehend standardisiert und komplikationsarm. Die funktionellen Resultate sind von der korrekten Indikationsstellung und der damit verbundenen Patientenauswahl, der Qualität der postoperativen Basis- und Folgetherapie und der technischen Zuverlässigkeit der Implantate abhängig.
1.5 Patientenauswahl und Prognose
Gute Ergebnisse werden in der Regel bei postlingual Ertaubten erzielt, sowie bei Patienten mit progredienter Ertaubung. Ebenfalls gute Resultate werden bei prä- oder perilingual ertaubten oder kongenital tauben Kindern beobachtet, insbesondere wenn die Cochlea-Implantation in den ersten Lebensjahren erfolgt. Bei prälingual ertaubten oder kongenital tauben Erwachsenen sind die Resultate weniger günstig.
1.6 Wissenschaft im Fluss
Die folgenden Richtlinien für die CI-Versorgung basieren auf dem heutigen Stand der Wissens. Ensprechend dem zu erwartenden Wissens- und Erfahrungszuwachs ist in Zukunft mirt einer Ausweitung der Indikationen zu rechnen. Dies betrifft vor allem die Versorgung von weiteren Patientengruppen, wie Kleinkinder und Patienten mit Restgehör, welche von der Versorgung mit konventionellen Hörgeräten nur einen ungenügenden Nutzen haben, und mehrfach behinderte Kinder und Erwachsene.
2. Präoperative Diagnostik
Die präoperative Diagnostik richtet sich nach dem Alter und Entwicklungstand des Cochlea-Implantat-Kandidaten, und den Anforderungen des verantwortlichen CI-Teams.
2.1 Erwachsene
2.1.1 Empfohlene Untersuchungen
2.1.2 Ergänzende Untersuchungen
2.1.3 Vorgespräch
Die präoperative Abklärung umfasst ein Informationsgespräch von Vertretern des CI-Teams mit dem Cochlea-Implantat-Kandidaten über technische und medizinische Aspekte der Implantation.
2.1.4 Zeitlicher und organisatorischer Rahmen
Die präoperativen Untersuchungen werden in der Regel ambulant durchgeführt, in besonderen Fällen auch im Rahmen eines stationären Aufenthalts.
2.2 Kinder
2.2.1 Empfohlene Untersuchungen
2.2.2 Ergänzende Untersuchungen
2.2.3 Vorgespräch
Die präoperative Abklärung umfasst ein Informationsgespräch von Mitgliedern des CI-Teams mit den Eltern oder Erziehungsberechtigten des Cochlea-Implantat-Kandidaten und den betreuenden Pädagogen und/oder Audiopädagogen über technische und medizinische Aspekte der Implantation.
In der präoperativen Phase sollen Kontakte zu Familien mit bereits implantierten Kindern ermöglicht werden.
2.2.4 Zeitlicher und organisatorischer Rahmen
Die präoperativen Untersuchungen werden in der Regel ambulant durchgeführt oder auch im Rahmen eines stationären Aufenthalts.
3. Indikationen
Für eine Cochlea-Implantation kommen Patienten in Frage, deren Hörvermögen mit klassischen Hörgeräten nicht oder nur ungenügend verbessert werden kann. Die Indikation wird unter Berücksichtigung aller Befunde und in Absprache mit den Voruntersuchern und Nachbetreuern durch den Operateur gestellt. Er ist für die Vollständigkeit und Qualität der Voruntersuchungen verantwortlich. Die Empfehlung zur Implantation ist eine Teamentscheidung. Wird eine Implantation empfohlen, liegt die endgültige Entscheidung beim Patienten bzw. im Falle von Kindern bei deren Eltern.
3.1 Jugendliche und Erwachsene
3.2 Taubgeborene Erwachsene
Die Cochlea-Implantation bei taubgeborenen Erwachsenen führt in den meisten Fällen nicht mehr zu einem Sprachverständnis, wohl aber zu einem verwertbaren Höreindruck für Alltagsgeräusche. Nur unter besonders günstigen Umständen ist eine Cochlea-Implantation indiziert.
3.3 Kinder
Bei Kindern sollte die Implantation möglichst frühzeitig innerhalb der ersten Lebensjahre erfolgen, da die zentrale Hörbahnreifung und Sprachentwicklung hauptsächlich in dieser Phase stattfindet.
Die Indikationsstellung soll bei Kindern nicht ohne vorangegangene Hörgeräteanpassung, verbunden mit einer Frühförderung über ca. 6 Monate, gestellt werden. Bei Kindern, welche im Rahmen einer Meningitis ertaubt sind, sind Ausnahmen sinnvoll und zulässig.
Bei bakterieller Meningitis droht in einem nicht unerheblichen Prozentsatz eine obliterierende Labyrinthitis, die eine intracochleäre Implantation u.U. deutlich erschweren kann. In diesen Fällen ist deshalb die neuroradiologische und audiologische Diagnostik unverzüglich einzuleiten, um das Kind gegebenenfalls frühzeitig der Cochlea-Implantation zuzuführen.
Bei der Indikationsstellung ist zu beachten, dass eine verwertbare Resthörigkeit um so schwieriger auszuschliessen ist, je jünger das Kind ist.
4. Kontraindikationen
4.1 Absolute Kontraindikationen
4.2 Relative Kontraindikationen
4.3 Obere Altersgrenze
Entscheidend für die Indikationsstellung ist das biologische Alter bezüglich der Lernfähigkeit. Ferner ist das soziale Umfeld im Hinblick auf die Kommunikationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
5. Operative Phase
5.1 Anforderungen an den Operateur
Langjährige kontinuierliche Erfahrungen in der speziellen Mikrochirurgie des Ohres und vorangegangene Tätigkeit in einer für Cochlea-Implantationen spezialisierten Klinik.
5.2 Ausstattungsbesonderheiten im HNO-OP
5.3 Stationäre Verweildauer
3-5 Tage, bei Bedarf auch länger.
5.4 Mögliche Komplikationen
Komplikationen sind selten. Die Häufigkeit der Komplikationen ist nicht höher als bei einer Mittelohroperation. Mögliche Komplikationen sind insbesondere:
6. Postoperative Basis- und Folgetherapie
Die postoperative Basis- und Folgetherapie hat einen hohen Stellenwert. Der Erfolg und der Nutzen der Cochlea-Implantation hängt wesentlich von einer professionell durchgeführten Therapie durch kompetentes Fachpersonal, welchem eine ausreichende Infrastruktur zur Verfügung steht, ab. Deshalb kommen für die Cochlea-Implantationen und die Durchführung der postoperativen Basis- und Folgetherapie nur die 5 klinischen Cochlea-Implantat Zentren Basel, Bern, Genf, Luzern und Zürich in Frage. Dabei spielt die Zusammenarbeit zwischen Klinik, Eltern, audiopädagogischen Betreuern und anderen Fachleuten der verschiedenen beteiligten Fachgebiete eine wichtige Rolle.
6.1 Beginn
Die medizinische postoperative Betreuung beginnt unmittelbar nach der Implantation.
Die Basis- und Folgetherapie beginnt in der Regel 3-6 Wochen nach der Implantation mit der Erstanpassung des Sprachprozessors des CI-Systems.
6.2 Inhalt der postoperative Basis- und Folgetherapie
Die postoperative Betreuung und Basis- und Folgetherapie richtet sich nach den Bedürfnissen und Möglichkeiten (Alter, Entwicklung) des Cochlea-Implantat-Trägers.
6.2.1 Erwachsene
6.2.2 Kinder
Die Erstanpassung und die Optimierung der Einstellung des Sprachprozessors erfordern kindgerechte Rahmenbedingungen für die Durchführung einer Verhaltens- und Spielaudiometrie und basieren auf der engen Kooperation von Ingenieur oder Physiker, Therapeuten und Eltern. Die postoperative Basis- und Folgetherapie umfasst die folgenden Punkte:
Bei der Basis- und Folgetherapie von Kindern ist insbesondere auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Eltern oder Erziehungsberechtigten, Betreuern, Lehrern und Audiopädagogen zu achten.
6.3 Zeitlicher und organisatorischer Rahmen der klinischen und technischen Kontrollen
Die Kontrollen werden in der Regel ambulant durchgeführt. In speziellen Fällen kann ein stationärer Aufenthalt von einigen Tagen sinnvoll sein.
Die Anzahl der notwendigen Kontrollen sowie ambulant durchgeführten Einstellungen des Cochlea-Implantats ist stark vom Alter, von der Kooperationsfähigkeit, der Ertaubungsursache- und Dauer abhängig und daher individuell sehr verschieden. In der Regel ist mit folgendem Aufwand zu rechnen:
Die Hör- und Sprachtests sollen, wenn möglich regelmässig durchgeführt werden. Empfohlen sind die folgenden zeitlichen Abstände (gerechnet ab der Ersteinstellung des Cochlea-Implantat-Systems): 1 Woche, 1 Monat, 3 Monate, 6 Monate, 1 Jahr und danach halbjährlich oder jährlich.
7. Infrastruktur und Personelle Ausstattung
In den 5 schweizerischen klinischen Cochlea-Implantat-Zentren, an welchen die präoperative Diagnostik, die Implantationen und die peri- und postoperative Basis- und Folgetherapie durchgeführt wird, muss die Infrastruktur für mindestens 10 Cochlea-Implantationen pro Jahr, sowie das untenstehend aufgelistete Personal zur Verfügung stehen. Es ist darauf zu achten, dass dem Personal genügend Arbeitszeit für Ihre Tätigkeit im Rahmen des Cochlea-Implantat-Programm zur Verfügung steht.
7.1 Personal des Cochlea-Implantat Zentrums
(weibliche Berufsbezeichnungen sind sinngemäss eingeschlossen):
7.2 Konsiliarisch müssen hinzugezogen werden können
7.3 Räumliche Ausstattung